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Testbericht Sea-Playboats: Melker Rödlöga vs. Norse Ask

Letzten Sommer hatte ich die Gelegenheit, gleich zwei Sea-Playboats im direkten Vergleich zu testen: den Melker Rödlöga HV und den brandneuen Norse Ask.

Zuerst einmal die harten Fakten: beide Boote sind 5,05m lang und 54cm schmal mit einer sehr ähnlichen Rumpfform - lange Wasserlinie, viel Kielsprung, flaches Unterwasserschiff mit hohem Surfpotential. Beide Boote haben ein Skeg, der Rödlöga hat serienmäßig noch ein Ruder, das ich aber abmontiert habe, da das Skeg beim Rödlöga üblicherweise vollständig ausreicht.


Norse Ask
Norse Ask
Melker Rödlöga
Melker Rödlöga


Den Norse Ask habe ich als Carbon-Variante getestet - mit einem Bootsgewicht von ca. 20kg ein echtes Leichtgewicht. Der Rödlöga ist hingegen, wie alle Melker Kajaks, aus nachhaltigem Flachsgewebe und bringt mit 24kg etwas mehr Gewicht auf die Waage. Beide Kajaks haben eine große Luke, die das Ein- und Aussteigen auch für große Jungs wie mich kinderleicht macht.

Das Deck ist beim Rödlöga etwas höher als beim Ask. Auf der Langstrecke ist die Sitzposition für meinen Geschmack dadurch beim Rödlöga komfortabler und die Kraftübertragung auf das Kajak besser, wohingegen für Freunde der Grönlandrolle das flachere Heck beim Ask für mehr Glanz in den Augen sorgt.

Das Design ist bei beiden Kajaks sehr gelungen, so dass beide Boote auch am Strand und auf dem Campingplatz ein echter Hingucker sind. Während der Norse Ask durch den Norse-typischen Zierstreifen sowie das neue Blütenmuster am Bug besticht, verleiht dem Melker Rödlöga das transparent eingearbeitete Flachsgewebe am Oberschiff denselben Hauch von Eleganz wie ein Teak-Deck bei einer hochwertigen Segelyacht.

Beide Kajaks haben ein gelungenes Decksdesign mit drei Schotten, vorne einer größeren Rundluke und hinten einer Ovalluke sowie einer Tagesluke hinter dem Cockpit. Diese ist beim Norse Ask mittig angebracht, um von beiden Seiten gut erreichbar zu sei und beim Melker Rödlöga klassich auf der rechten Bootsseite, um von der Seite einen kürzeren Weg zu haben. Was einem besser gefällt, ist Geschmackssache - ich persönlich komme mit der rechtsseitigen Luke beim Rödlöga etwas besser zurecht.



Durch das durchdachte Unterwasserschiff, das sehr gute Länge-Breite-Verhältnis und die lange Wasserlinie sind beide Kajaks flott unterwegs. Geschwindigkeiten von 4,5 Knoten und mehr sind auch auf der Langstrecke gar kein Problem. Angetreiben habe ich beide Boote überwiegend mit dem Aqua Bound Tango oder dem Aqua Bound Whiskey.

Der Rödlöga ist auf Flachwasser etwas nervöser als der Ask, und wenn etwas Wind aufkommt deutlich luvgieriger. Allerdings hat er im Gegensatz zum Ask das tieferreichendere Kajaksport Skeg 3 Pro, während im Ask das dreieckige traditionelle Skeg von Kajaksport verbaut ist, welches bei stärkerem Wind schnell an seine Grenzen stößt.

Bei den Fußrasten setzt Melker auf das bewährte Smart-Track System, das auch auf dem Wasser sehr intuitiv und einfach zu verstellen ist. Bei Norse kommt seit dem letzten Jahr ein neues System zum Einsatz, das zwar leichter zu verstellen ist, als die alten Fußrasten bei Bylgja und Idun, aber nicht ganz so einfach wie beim Rödlöga.

Wie es sich für Sea-Playboats gehört sind beide Kajaks extrem wendig und lassen sich hervorragend über die Kante steuern. Den Rödlöga kann man problemlos wie ein Wildwasserkajak "um die Ecke gucken",  das Boot folgt instantan der Blickrichtung. Beim Ask ist dazu der eine oder andere Paddelschlag mehr notwedig, aber trotzdem ist es noch ein sehr wendiges und agiles Kajak.

Bei achterlicher Welle beginnt der Ask bei passendem Winkel sofort zu surfen, während der Rödlöga eine gewisse Wellenhöhe benötigt, um das volle Spaßpotential zu entwickeln. Wenn die Welle von schräg hinten kommt, ist es allerdings beim Ask mit dem Spaß schnell vorbei - je nach Wellenhöhe beginnt das Boot auszubrechen und lässt sich auch bei wenig Wind nur mit Hilfe des Skegs auf Kurs halten. Der Rödlöga ist zwar beim leichtesten Windhauch luvgierig, das aber immer und unter allen Bedingungen - insbesondere auch bei Anlandungen in der Brandungszone. An der Stelle ist der Rödlöga dementsprechend das berechenbarere Kajak. Wellenhöhen von 20cm und mehr brechen die Luvgierigkeit wie bei jedem Kajak auf, da der Bug regelmäßig aus dem Wasser kommt und die Vortriebsverankerung dadurch aufgelöst wird.



Sowohl der Norse Ask als auch der Melker Rödlöga rollen quasi von alleine, hier kommt beiden die schmale Rumpfform und der gute Halt an den Schenkelstützen zu Gute. Für Selbstrettungen wie den Cowboy-Wiedereinstieg oder den Einstieg mit dem Paddelfloat ist das flache Heck des Norse Ask ein leichter Vorteil, während das oben beschriebene kontrollierbarere Verhalten des Rödlöga dafür sorgt, das man seltener in die Verlegenheit kommt, wieder einsteigen zu müssen.

Der Rödlöga hat im Bereich zwischen dem Cockpit und der vorderen Gepäckluke eine leichte halbrunde Vertiefung, in der sich eine Lenzpumpe oder eine Wasserflasche hervorragend unter den Decksleinen und zwischen den Blättern des Ersatzpaddels verstauen lässt. Der Skegschieber ist beim Rödlöga schräg vor dem Cockpit angebracht, so dass beim Wiedereinstieg oder bei einer Rettung nicht die Gefahr besteht, an diesem hängen zu bleiben oder ihn unbewusst zu verstellen. Die kleine Tagesluke vor dem Cockpit ist beim Rödlöga einlaminiert und damit vollständig wasserdicht, während sie beim Ask wie bei Norse üblich nur aus einem Netz besteht und im Falle einer Kenterung zusammen mit dem Cockpit geflutet wird.



Das mitgelieferte Ruder beim Rödlöga bietet auf längeren (Gepäck-) Touren ein Backupsystem, falls das Skeg mal verklemmen sollte oder der Draht beschädigt wird. Die Toggles sind beim Rödlöga in die (reflektierende) Decksleinenbespannung integriert und damit wesentlich reißfester als beim Ask und eine Schwachstelle weniger bei beladenem Boot. In der Querbespannung vor der vorderen Gepäckluke wird beim Melker ein ballförmiger Abstandhalter ab Werk verbaut, so dass man bei Bedarf das Paddel einfach unterschieben kann. Beim Ask muss man den Abstandhalter selbst nachrüsten.

Der Melker Rödlöga bringt es auf ein Stauvolumen von 190 Litern in den Gepäckluken, während der Norse Ask durch die flachere Deckshöhe nur auf 171 Liter kommt. Für den "Park and Play" Einsatz als Sea-Playboat ist die Zuladung nicht so spannend wie der daraus resultierende Auftrieb, doch wer ein agiles Allround-Kajak mit Potential für gelegentliche Gepäcktouren sucht, muss sich beim Rödlöga nicht ganz so beschränken wie beim Ask.

Hinsichtlich des Potentials für Gepäcktouren liegen die Vorteile also klar beim Rödlöga.

 

Der Norse Ask und der Melker Rödlöga sind zwei hervorragende laminierte Sea-Playboats im mittleren Preissegment. Beide sind schnell, sehr agil und mit sehr großem Spaßpotential, insbesondere auf bewegtem Wasser. Der Norse Ask besticht durch sein geringes Gewicht (in der Carbon Variante) und für Freunde der Grönlandrolle durch sein flaches Heck, während der Melker Rödlöga etwas kontrollierteres Fahrverhalten aufweist und mehr Potential für Gepäcktouren mitbringt und damit das geeignetere Allround-Kajak ist. Zusammen mit dem Nachhaltigkeitsaspekt bei Melker und dem einzigartigen Design mit Flachsfasergewebe überwiegen meiner Meinung nach (leicht) die Vorteile beim Melker Rödlöga gegenüber dem Norse Ask.

Von beiden Booten gibt es auch noch eine kleinere Variante (Melker Rödlöga LV und Norse Embla). Obwohl ich beide aufgrund meiner Körpergröße nicht gepaddelt bin, vermute ich, dass die Ergebnisse übertragbar sind.